Aluminium oder Carbon, sein oder nicht sein?
Dass, ist hier die Frage!
Die im heutigen Rahmenbau am häufigsten verwendeten Materialen sind Aluminium und Carbon.
Über die Vor- und Nachteile dieser beiden Materialien bezüglich der Fahreigenschaften gibt es sehr verschiedene Meinungen. Generell kann man jedoch sagen, dass die Fahreigenschaften viel mehr von der Geometrie des Rahmens abhängen, als vom verwendeten Material.
Carbonrahmen sind in der Regel leichter, dafür aber auch teurer als Aluminiumrahmen.
Ein Nachteil von Carbon liegt in jedem Fall darin, dass es bei Stürzen oder selbst bei kleinen "Umfallern" zu Strukturschäden kommen kann. Diese oft kaum oder gar nicht sichtbaren Materialschäden können beim nächsten Sturz oder auch bei dementsprechend harten Einsatz unter Umständen den Bruch des Rahmens zur Folge haben. Wie groß bzw. realistisch diese Gefahr aber tatsächlich ist, kann nur schwer beurteilt werden. In der Praxis sieht man nur selten derartige starke Beschädigungen
Bei Carbonrahmen unterscheidet man grundsätzlich zwei Bauarten:
1. Monocoque Rahmen werden in der Regel aus einem Stück gefertigt und weisen daher keine Fügestellen auf. Sind in der Regel leichter und teurer, bedingt durch einen deutlich aufwendigeren aber effizienteren Produktionsprozess.
2. geklebte Rahmen: Hier werden Carbonrohre in Muffen (meist aus Carbon oder Aluminium) geklebt.
Es gibt aber auch Kombinationen aus beiden Verarbeitungstechniken, gerade bei Konstruktionen wo bewegliche Teile hohen Beanspruchungen ausgesetzt sind. z.B. Carbon Fullys im All Mountain- oder Freeride Bereich.
Aluminiumrahmen werden im Gegensatz dazu geschweißt. Aluminium ist das derzeit am häufigsten verwendete und günstigste Rahmenmaterial, die Preisspanne ist jedoch ebenso wie bei Carbon aufgrund vieler verschiedener Material- und Verarbeitungsqualitäten nach oben offen. Alurahmen können zwar im Gegensatz zu den früher verwendeten Stahlrahmen nicht rosten, unter Umständen kann es jedoch zur Korrision kommen (z.B. beim Kontakt aggressiven Medium wie Schweiß oder diverser Reinigungsmittel).
Und dann war da doch was namens "Titan"!
Titan wird für Fahrradrahmen eher selten verwendet. Es gilt als langlebiges und exklusives Rahmenmaterial. Die Fertigung ist relativ aufwändig, da Titan beim Schweißen mit Sauerstoff reagiert. Daher sind Titanrahmen deutlich teuerer als Aluminium- oder auch Carbonrahmen. Titan ist sehr edel in der Optik, korrosionsfrei und daher meist unlackiert.
Was die Fahreigenschaften betrifft, gilt ähnliches wie für Aluminium- oder Carbonrahmen. Generelle Aussagen kann man auch hier nicht treffen, Die Materialen habe dementsprechende Stärken und Schwächen, die sich wiederum Sinnvoll für die unterschiedlichen Einsatzbereiche und Anforderungen nutzen lassen.
Es gibt Situationen in denen Carbon nicht unbedingt die erste Wahl sein sollte. Als Beispiel mag hier ein Mountainbiker dienen, der gern Extremsituationen mit seinem Bike sucht. Er fährt steile Rampen hinunter, schmale und verblockte Pfade, manchmal stürzt er auch mit seinem Bike, da er die Balance verliert oder an einer Wurzel hängenbleibt. Dem Mountainbiker selbst passiert in den meisten Fällen kaum etwas schlimmeres, allerdings haben Fahradteile die den Sturz abbekommen unter Umständen ein Elefantengedächtnis – sie vergessen diesen nicht.
Bei Aluminium Teilen wird das meist durch Dellen oder Furchen deutlich sichtbar. Aber bei Carbonteilen verhält sich das anders. z.B. Bei einem Carbon Lenker, äusserlich mag der Lenker vollkommen in Ordnung sein, aber im Inneren können einzelne Faser brechen. Durch Belastungen während der Fahrt kann sich der Faserriss immer weiter ausdehnen, sodass der Riss von Zeit zu Zeit immer größer wird – ohne dass man dies erkennen muss. Bei einer Belastungsspitze – z.B. wenn man mit seinem Mountainbike ein Schlagloch hin ein fährt – mag die besagte Stelle am Lenker aufbrechen und es droht akutes Sturzrisiko. Das kann in manchen Fällen zu schweren Verletzungen führen.
Natürlich ist dies nur ein Beispiel, aber trotzdem sein an dieser Stelle darauf hingewiesen, das Carbonteile besondere Behandlung und Pflege benötigen.
Tipps zum Umgang mit Fahrradteilen und Zubehör aus Carbon
-Nach jedem Sturz muss eine Sichtkontrolle erfolgen; sind sichtbare Spuren zu erkennen sollte das Fahrradteil entsorgt werden. Im Notfall einen Händler befragen, der sich auskennt!
- Auf Geräusche am Fahrrad achten, die sich seltsam anhören
- Normalerweise kündigt sich ein Bruch am Lenker oder anderen Teilen an. Knarzen kann dafür ein Anzeichen sein.
- Vorsicht beim Kauf von gebrauchten Carbon Teilen, vor allem bei Lenkern und Vorbauten bzw. Finger weg beim Gebrauchtkauf aus dem Internet oder Ebay.
- Beim Transport darauf achten, Carbon Rahmen sind äußerst druckempfindlich, hier entstehen schnell Beschädigungen durch Fahrradträger oder Halter bei denen man diese nie vermuten würde..
Ganz im Gegensatz dazu steht der Einsatz von Carbonteilen am Rennrad. Ein Rennrad ist geringeren Belastungen ausgesetzt als ein Mountainbike. Der fehlende Geländeeinsatz beim Rennrad macht es Konstrukteuren auch deutlich einfacher Carbonteile fürs Rennrad zu konzipieren. Die Belastungen im Rennradsektor sind berechenbarer und vorhersehbarer als bei einem Mountainbike. Deswegen ist der Einsatz von Carbon an Rennrädern grundsätzlich bedenkenloser als bei Mountainbikes. Aber auch hier wollen wir ein wenig ins Detail gehen und Vorteile und Nachteile herausstellen.
Carbonlenker am Rennrad haben einen Vorteil den man auf Anhieb gar nicht vermutet. Aluminiumlenker sind gerade bei schlechtem und kaltem Wetter kühl und lassen sich deswegen nicht immer angenehm greifen. Carbonlenker haben aufgrund ihrer Materialeigenschaften so gut wie kaum eine Temperaturableitung. Selbst bei Temperaturen um den Gefrierpunkt empfinden wir den Kontakt deswegen nicht merklich kühler.
Neben Lenkern, Sattelstützen und Tretkurbeln aus Carbon kommen auch Carbon Laufräder immer mehr in Mode. Wenn man mit gewissen kleinen Nachteilen leben kann, sind gerade Carbon Laufräder ein Bereich auf dem das Material seine Vorteile gut ausspielen kann. Der Gewichtsvorteil an bewegter Masse bringt einiges im Punkto Beschleunigung und Rolleigenschaften.
Zusammenfassend kann man sagen, das am Rennrad Teile aus Carbon bedenkenlos verwendet werden können, vorausgesetzt man achtet auch hier auf vernünftige Qualität und den gewissenhaften Umgang mit dem Rad aus dem „schwarzen Edelstoff“.
Am MTB muss man je nach Einsatzbereich abwägen ob ein Einsatz von Carbon sinnvoll oder weniger sinnvoll ist.
Fazit:
Im Wesentlichen ist die Entscheidung, welches Material man bevorzugt, abhängig:
1. Einsatzbereich
Die unterschiedlichen Materialeigenschaften, Stärken und Schwächen, lassen sich für die vielen diversen unterschiedliche Einsatzbereiche sinnvoll und gezielt einsetzten. Das Ergebnis sind technisch ausgereifte und optimal konzipierte Leistungsfähige Räder, speziell in den oberen Preisklassen.
2. Optik / Philosophie
Aussehen, Design und das Gewicht spielen bei den meisten bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle. So sehen Carbonteile an einem Rennrad oder Mountainbike natürlich sehr schick und edel aus.
3. Preis
Die preisliche Reihenfolge ist in der Regel
Aluminium < Carbon < Titan
Die Preisspanne ist bei allen Materialien praktisch nach oben offen, da es hier viele verschiedene Qualitäten gibt, sowohl was das verwendete Material, als auch die Qualität der Verarbeitung betrifft.
4. Sicherheit
Einigen scheint das Risiko von Materialschäden nach Stürzen oder durch extremen Einsatz bei Carbon einfach zu hoch. Objektiv lässt sich dies jedoch kaum beurteilen. Solange diese Carbonteile keinen gravierenden Nachteil am geliebten Sportgerät verursachen, steht dem Einsatz von Carbon nichts im Wege.